Interview mit Nicolai Aldinger, B-Kadermitglied

 

12.11.15, Le Pouget


Nico und La Petite Lolita beim CIC*** Luhmühlen (Foto: buschreiter.de)

 


Wie war dein Werdegang?
Ich ritt im Ponyalter vier Mal die Deutsche Meisterschaft und eine EM-Sichtung zu Rennbahnzeiten. Ich komme ja ursprünglich aus Süddeutschland und ritt zur gleichen Zeit Ponies wie Christian Vogg – wir machten jeweils Ponyrennen auf der Rennbahn (lacht). Als Junior ritt ich zwei Mal die Deutsche Meisterschaft. Als Young Rider war ich zehnter an der DM und auf der EM-Longlist, aber ich hatte immer schwierige Pferde wie beispielsweise Incaletta, die mein erstes Dreisternepferd wurde und in Luhmühlen platziert war.


Du bist bei Andreas Dibowski stationiert. Wie kamst du dazu?
Ich ging mit 21 Jahren mit drei Pferden zu Dibo um ein einjähriges Praktikum zu machen. Danach wollte ich länger bleiben und habe die zweijährige Lehre zum Pferdewirt mit Schwerpunkt Reiten absolviert. Mit 21 ritt ich dann auch meine erste Dreisterneprüfung.


Also bist du heute ein Profi?
Nun, ich bin Student der Agrarwissenschaft, bin in der Uni Göttingen eingeschrieben und habe auch zwei Jahre da gewohnt mit nur zwei Pferden. Irgendwann werde ich das Studium fertig machen (lacht).


Wie sieht dein aktueller Pferdebestand aus und wie trainierst du?
Total habe ich elf Pferde inklusive der Beritt- und Ausbildungspferde, vier sind eigene. Ich habe einen Stallteil mit zehn Boxen bei Dibo gepachtet. Die Bundeschampionatspferde bin ich teilweise nur Turniere geritten, was auch viel Spass bringt. 
Ich arbeite Springen und Gelände mit Dibo und arbeite daneben mit zwei Spezialdressurtrainern, die reine Dressurreiter sind. Den Wallach Tactic habe ich seit Januar im Beritt. Er ist bereits 15 Jahre alt und lief die ersten Dreisterneprüfungen dieses Jahr. Leider fehlte uns noch eine lange Zweisterne, weshalb wir 1500 Kilometer nach Le Pouget fuhren. Aber es ist ja wie Ferien hier!


Wie steht es ums Prüfungsangebot in Norddeutschland?
Gut, deshalb blieb ich ja auch da oben. Wir haben viele Jungpferdeprüfungen und können mittwochs und am Wochenende an Turniere, was optimal ist für Jungpferde. Aufgrund des Sandbodens können wir auch immer trainieren und die Pferde können täglich auf die Weide. Aber auch Dänemark und Schweden sind nah, die einige Prüfungen im Angebot haben. Luhmühlen, unweit von meinem Zuhause, organisiert rund drei Mal im Jahr eine Eintagesprüfung, was für uns Profis sehr nützlich ist, da sich der Aufwand in Grenzen hält.


Wie sieht die Winterarbeit aus?
Erst mal haben die Pferde etwas Pause, gehen auf die Weide und ausreiten oder arbeiten leichte Dressur und spielen etwas rum, auch mal an der Longe. Die jungen Pferde arbeiten wir normal weiter. Ab Januar trainieren wir mit Hans Melzer in Luhmühlen. Jeweils mittwochs haben alle Kaderreiter die Möglichkeit, da einen Parcours zu springen, den Hans morgens aufbaut. Während der Saison werden unsere Pferde zwei Mal täglich geritten, da wir keine Führmaschine haben.


Wie siehts mit dem Nachwuchs aus in Deutschland?
In Britischen Bramham hat es in der u25 Prüfung rund 25 Reiter, in Deutschland hat es rund drei, die CCI u25 reiten. Es herrscht also auch bei uns Nachholbedarf. In der Elite sind wir spitze, aber in der Breite hat Grossbritannien mehr Reiter.


Wie sehen deine Ziele für 2016 aus?
Die Jungen sollen eine Klasse höher gehen, die achtjährigen den Sprung in die Dreisterne schaffen. Mit Tactic, wenn alles gut läuft, ist ein Start in Bramham geplant und dann vielleicht Pau. Er ist schon 15-jährig und wenn alles so gut weiterläuft steht das auf unserem Plan.


Unterrichtest du auch?
Ja, v.a. im Süden. Lehrgänge geben bringt mir sehr viel Spass! Wenn die Leute motiviert sind macht es Spass, ihnen was beizubringen.


Nico Aldinger gibt gerne Lehrgänge (Foto: eventing-art.com)


Was muss für dich ein potenzielles Nachwuchspferd mitbringen?
Spass! Man muss ein Pferd mögen und man muss es mögen, dieses Pferd auszubilden. Und das Pferd muss Lust haben, ausgebildet zu werden und zu lernen. Wer lernen möchte kommt mit wenig Talent weiter wie umgekehrt. Täglich von vorne beginnen zu müssen bringt es bei allem Talent nicht. Und man muss ihnen Zeit geben. Die müssen mitmachen und Bock haben und klar im Kopf sein. Wenn die Einstellung stimmt kommt der Rest mit Fleiss und Training.


Was würdest du im CC-Sport ändern wollen?
Erstmal das Preisgeld erhöhen – nicht um mehr zu verdienen, sondern um den Sport den Investoren attraktiver machen zu können wie im Springsport. Die reiten zwar nur ums Geld, aber man könnte dann Pferde schonender reiten ohne dass es ein Minusgeschäft wäre. Es geht nicht ums Geld verdienen, aber um Kosten zu decken. In unserem Sport muss es immer super laufen, dass die Kosten gedeckt sind, geschweige denn Geld verdient werden kann. Und es wäre wohl auch für Sponsoren attraktiver. Wir sind abhängig von den Turnieren, die Turniere aber auch von uns. In nationalen Prüfungen gibt es bei uns teilweise gar kein Preisgeld.


Was rätst du jungen, motivierten CC-Reitern?
Ich selber hatte keine einfachen Pferde, wovon ich heute unheimlich profitiere. Ich musste stets kämpfen durchzukommen, was mir heute zugute kommt. Man lernt schneller Entscheidungen zu treffen.  Langfristig gesehen ist es auch wichtig schwierige Pferde zu reiten um sich was zu erarbeiten. Dann trifft es dann auch ein, dass man ein einfacheres Pferd bekommt. Man darf sich nicht schnell unterkriegen lassen und muss viel üben. Wenn man runterfällt, steigt man einfach wieder auf. Man darf nicht erwarten, dass es ganz schnell geht und man darf nicht nur anderen Reitern nacheifern. Man muss Spass dabei haben, das ist das Wichtigste! Nicht nur wegen Erfolgen reiten!